Boyan Bonev Lab
3D Genome and Molecular NeurobiologyDas Team um Boyan entschlüsselt die genetischen und epigenetischen Blaupausen der Gehirnentwicklung und -evolution. Dadurch erschließen sich neue Paradigmen im Zusammenspiel von Transkriptionsfaktoren, Chromatin-Topologie und der Steuerung der Genexpression in vivo.
Boyan's team deciphers the genetic and epigenetic blueprints of brain development and evolution, thereby unravelling new paradigms at the interplay of transcription factors, chromatin topology and the control of gene expression in vivo.
Unsere Forschung
Die Großhirnrinde von Säugetieren ist der komplexeste Bereich des Gehirns und zuständig für höhere kognitive Funktionen. Eine abnormale Entwicklung dieses Bereichs führt häufig zu schweren neuropsychiatrischen Erkrankungen, die verschiedene neuronale Subtypen mit einzigartigen molekularen und morphologischen Merkmalen betreffen. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die epigenetische Regulation wichtiger neuronaler Gene für die Subtypisierung entscheidend ist und dass die räumliche Positionierung von Genen sowie die dreidimensionale Faltung des Chromatins für die Zellschicksalsentscheidungen in der Entwicklung, Evolution und bei Erkrankungen von entscheidender Bedeutung sind. Eine grundlegende Frage in diesem Bereich lautet daher: Inwiefern hängt die epigenetische Identität mit dem Zellschicksal zusammen und welche funktionellen Auswirkungen hat die Chromatin-Remodellierung auf die zeitliche und räumliche Heterogenität in der Großhirnrinde? Das Bonev-Labor konzentriert sich auf die Entschlüsselung der epigenetischen Mechanismen der Genregulation in der Großhirnrinde und darauf, wie diese die zeitliche und räumliche zelluläre Identität in der Entwicklung und Evolution steuern.
Epigenetische und transkriptionelle Heterogenität im Kortex auf Einzelzellniveau definieren.
Um den Aufbau der Großhirnrinde zu verstehen, müssen wir die Entwicklung der zellulären Identität im Laufe der Zeit untersuchen, idealerweise auf Einzelzellniveau. Dabei ist zu beachten, dass die Zugänglichkeit der Chromatine und die 3D-Organisation des Genoms einzigartige Informationen liefern, die durch die Einzelzell-RNA-Sequenzierung nicht erfasst werden können. Zudem können epigenomische Veränderungen der Genexpression vorausgehen. Jüngste methodische Durchbrüche ermöglichen es, die Chromatinstruktur sogar auf Einzelzellniveau zu untersuchen. Somit befinden wir uns in der idealen Position, um die räumlich-zeitliche Dynamik der Genregulation und der 3D-Kernorganisation im Kortex zu untersuchen.
Wir entwickeln einen hochinnovativen genomischen Ansatz, um die Genexpression und die Chromatin-Topologie auf Einzelzellniveau gleichzeitig zu untersuchen. Darüber hinaus verwenden wir eine Kombination aus Einzelzell-Linienverfolgung mit CRISPR, scATAC-seq und räumlicher Transkriptomik, um zu verstehen, wie das Linienpotenzial in neuralen Stammzellen räumlich und zeitlich kodiert ist.
Bestimmen, wie Transkriptionsfaktoren und ncRNAs das 3D-Genom umgestalten.
Wir haben bereits zuvor entdeckt, dass die Regulierung der 3D-Chromatinarchitektur sowie der Interaktionen zwischen Enhancern und Promotoren eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Genexpression und des Zellschicksals in der Großhirnrinde spielt. Darüber hinaus sind mehrere wichtige Transkriptionsfaktoren und möglicherweise einige lange nicht-kodierende RNAs auf molekularer Ebene mit dynamischen Chromatinschleifen assoziiert. Sie könnten mechanistisch durch die Umgestaltung der Genomtopologie funktionieren.
Eine wichtige offene Frage in diesem Bereich ist jedoch, ob die Bindung von Transkriptionsfaktoren (TF) und/oder lange nicht-kodierende RNAs (lncRNA) die nukleare 3D-Architektur physikalisch beeinflussen oder diese lediglich nutzen, um sich auszubreiten und an Chromatin zu binden. Um Ursache und Wirkung zu unterscheiden, nutzen wir transgene Mauslinien und das CRISPR-Cas9-Genom-Engineering, um zu klären, ob die TF-Bindung ausreicht, um eine ektopische Chromatinschleife zu induzieren und die 3D-Genomarchitektur im lebenden Organismus neu zu verdrahten.
Veränderungen in der 3D-Genomtopologie während der Evolution des Gehirns untersuchen
Die Evolution der Großhirnrinde gilt bei Säugetieren als entscheidender Fortschritt, der höhere kognitive Funktionen wie Sprache erst ermöglicht hat. Strukturelle Variationen wie Indels, Inversionen und Duplikationen sind für die 3- bis 4-fach größere Sequenzdivergenz zwischen dem Genom von Schimpansen und dem des Menschen verantwortlich als Mutationen einzelner Basenpaare. Dennoch konzentrieren sich fast alle vergleichenden Evolutionsstudien, die versuchen zu verstehen, was das menschliche Gehirn so einzigartig macht, auf SNPs in kodierenden Genen oder mutmaßlichen Enhancer-Regionen, die aufgrund ihrer Nähe zu wichtigen neuronalen Genen ausgewählt wurden. Jüngste Fortschritte in der Chromatinbiologie und unsere eigenen Arbeiten deuten jedoch darauf hin, dass Veränderungen in der 3D-Architektur die Genexpression von Regionen in unmittelbarer physischer Nähe stark beeinflussen können – und das nicht unbedingt auf dem linearen 1D-Genom.
Daher untersuchen wir systematisch, wie sich die 3D-Chromatinorganisation während der Evolution der Primaten verändert hat, wobei wir uns auf die Großhirnrinde konzentrieren. Dazu verwenden wir zerebrale Organoide aus iPSC von Mäusen, Makaken, Schimpansen und Menschen, die wir mit In-vivo-Modellen der Kortikogenese wie dem Frettchen und der menschlichen fötalen Großhirnrinde vergleichen. Zudem werden wir die funktionelle Bedeutung der vielversprechendsten strukturellen Variationen anhand von Organoiden und in Mäusen unter Verwendung des CRISPR-Cas9-Systems untersuchen.
Publications
Weiterlesen2025 Wissenschaftlicher Artikel in International Journal of Molecular Sciences