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Prof. Stephan Herzig
Matthias Tunger Photodesign

Interview Fasten bringt Stoffwechsel und innere Uhr in Einklang

Prof. Stephan Herzig erklärt, warum intermittierendes Fasten mit bewussten Essenspausen hilft, den Stoffwechsel mit dem inneren Rhythmus des Körpers in Einklang zu bringen, die Gesundheit zu fördern und Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs vorzubeugen.

Prof. Stephan Herzig erklärt, warum intermittierendes Fasten mit bewussten Essenspausen hilft, den Stoffwechsel mit dem inneren Rhythmus des Körpers in Einklang zu bringen, die Gesundheit zu fördern und Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs vorzubeugen.

"Fasten hat eine Vielzahl von Vorteilen für den Stoffwechsel. Zeitlich begrenztes Essen, wie es beim intermittierenden Fasten vorgesehen ist, bringt den Stoffwechsel mit unserer inneren Uhr in Einklang und verbessert so unseren Metabolismus."


Prof. Stephan Herzig, Forschungsdirektor am Helmholtz München, Direktor und Abteilungsleiter des Helmholtz Diabetes Center und Direktor des Instituts für Diabetes und Krebs.

Die Forschung von Prof. Stephan Herzig konzentriert sich auf Volkskrankheiten wie Adipositas und Diabetes und deren Langzeitkomplikationen, einschließlich Krebs. Mithilfe von Erkenntnissen aus den speziellen Vorgängen während des Fastens sucht Herzig nach neuen therapeutischen Zielen für die Behandlung von Stoffwechselstörungen.

Warum Fasten?

SH: Fasten ist populär geworden, und zwar aufgrund einer Reihe von klinischen und präklinischen Studien, die verschiedenste positive Effekte von gezielten Hungerperioden auf den Stoffwechsel belegen. Dazu gehören Veränderungen des Körpergewichts, Verbesserungen bei der Blutdruck- und Blutzuckerkontrolle und auch Verbesserungen des Fettstoffwechsels. Es gibt viele verschiedene Formen des Fastens: intermittierendes Fasten, periodisches Fasten, ganztägiges Fasten an einigen Tagen in der Woche...

Wir denken, dass es besonders interessant ist das zeitlich begrenzte Essen, wie es beim intermittierenden Fasten vorgesehen ist, zu betrachten denn: Viele der Stoffwechselprozesse in unserem Körper werden von unserer inneren Uhr gesteuert – und die Beschränkung der Nahrungsaufnahme auf eine bestimmte Tageszeit richtet den Stoffwechsel tatsächlich wieder auf unsere innere Uhr aus.

Prof. Stephan Herzig über den Einfluss von Fasten auf die Verbindung unserer inneren Uhr mit dem Stoffwechsel. 

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Was passiert, wenn Nahrungsaufnahme und innere Uhr nicht im Einklang sind?

SH: Bei Schichtarbeitern können wir die Risiken sehen, wenn unsere innere Uhr nicht gut mit dem Stoffwechsel abgestimmt ist: Diese Menschen haben ein hohes Risiko für die Entwicklung von Stoffwechselkomplikationen, einschließlich Fettleibigkeit und Diabetes. Daher ist jede Anpassung unserer inneren Uhr an den Stoffwechsel und die Nahrungsaufnahme für die Gesundheit des Stoffwechsels von Vorteil.

Im Detail: Was sind die Vorteile vom intermittierenden Fasten?

SH: Aus klinischen und auch präklinischen Studien wissen wir, dass intermittierendes Fasten oder jedes Protokoll, das mit einer freiwilligen Nahrungsbeschränkung verbunden ist, eine Reihe von Stoffwechseleigenschaften verbessert: Zum Beispiel verbessert sich die Glukosekontrolle der Betazellen, was bedeutet, dass unser Körper weniger Insulin ausschüttet. Dadurch wird die Lipidhomöostase und innerhalb der Zelle die Autophagie verbessert. Dieser Prozess, der zum Abbau unerwünschter Produkte und Moleküle führt, wird durch intermittierendes Fasten tatsächlich in Gang gesetzt.

All dies zusammen hat viele positive Auswirkungen auf verschiedene Organe: Vor allem die Leber wird durch diese intermittierenden Fastenprotokolle stark beeinflusst. Beispielsweise können die sogenannte hepatische Steatose oder Lipid-Ansammlung in der Leber verhindert oder der Zustand verbessert werden. Das kann auf lange Sicht schwere Lebererkrankungen, wie Metabolic Dysfunction-associated Steatotic Liver Disease“ (MASLD), Metabolic Dysfunction-associated Steatohepatitis (MASH), und sogar Leberkrebs, verhindern.

Was ist eine hepatische Steatosis?

Hepatische Steatose beschreibt die erhöhte Einlagerung von Fetten in die Leber (steatotische Fettlebererkrankung), die dann in schwerwiegendere Formen with MASH und Leberfibrose fortschreiten kann.

Welche Krankheitsbereiche profitieren vom intermittierenden Fasten?

SH: Da intermittierendes Fasten viele Auswirkungen auf unseren Körper, auf unseren Stoffwechsel im Allgemeinen hat, kann es auch viele Krankheitsbereiche beeinflussen: Eine Verbesserung der Stoffwechseleinstellung durch intermittierendes Fasten kann dazu beitragen, Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Risiken zu verhindern. Es kann sogar die Entstehung von Tumoren verhindern, die eine Langzeitkomplikation von Diabetes sind.

Ein fehlgesteuerter Stoffwechsel kann also unterschiedlichste Erkrankungen hervorrufen: Wie erforschen Sie diese komplexen Interaktionen?

SH: Bei Helmholtz Munich können wir die vielfältigen positiven Auswirkungen des intermittierenden Fastens erforschen: Wir haben hier Forschende, die sich auf all diese verschiedenen Krankheitsbereiche spezialisieren und vernetzt zusammenarbeiten. Wir setzen sogar künstliche Intelligenz ein, um auf molekularer Ebene zu verstehen, was einzelne Zellen tun und wie einzelne Zellen auf überschüssige Nahrung reagieren.

Prof. Stephan Herzig über die vernetzte Forschung bei Helmholtz Munich.

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Welche neuen Erkenntnisse haben Sie im Bereich Fasten und Diabetes?

SH: Es gibt eine Reihe von klinischen Studien an Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes, bei denen Fastenprogramme angewandt wurden. Es wurde deutlich, dass intermittierendes Fasten tatsächlich dazu beitragen kann, den Blutzuckerspiegel zu senken und auch den Bedarf an Diabetesmedikamenten zu verringern. Es ist jedoch auch klar, dass insbesondere mehr Langzeitstudien am Menschen erforderlich sind, um die langfristigen Vorteile, die über ein oder zwei Jahre intermittierendes Fasten hinausgehen, wirklich zu bewerten. In jedem Fall sollten Diabetiker:innen das intermittierende Fasten immer in enger Absprache mit ihrem Arzt durchführen, da in einigen Fällen die Gefahr von Unterzuckerungen besteht. Und das gilt es natürlich unter allen Umständen zu vermeiden.

Unsere eigene aktuelle Forschung verfolgt zwei Hauptrichtungen: Einerseits haben wir klinische Studien bei Personen mit Diabetes durchgeführt und konnten zeigen, dass intermittierendes Fasten tatsächlich die Nierenfunktion bei Patient:innen mit Nephropathie verbessern kann. Auf der präklinischen Ebene versuchen wir derzeit zu verstehen, worin die molekularen und biochemischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Fastenprogrammen bestehen.

Unser Ziel ist es, mithilfe dieser neuen Erkenntnisse auf molekulare Ebene neue, das Fasten nachahmende Therapien entwickeln.

Gibt es DIE EINE Fasten-Therapie für Menschen mit Diabetes?

SH: Ein wichtiger Meilenstein in der neueren Diabetesforschung war die Erkenntnis, dass es nicht nur Typ-1- und Typ-2-Diabetes gibt, sondern mindestens fünf oder sechs verschiedene Untertypen von Diabetes. Alle diese Formen unterscheiden sich in ihren Stoffwechseleigenschaften, und sie müssen wahrscheinlich auch auf sehr unterschiedliche Weise behandelt werden.

Forschen Sie in Richtung personalisierte Therapien?

SH: Wir versuchen zu verstehen, ob und wie beispielsweise intermittierendes Fasten oder auf Fasten basierende Therapien für diese verschiedenen Untertypen von Diabetes von Nutzen oder sogar unschädlich sein können, um dann maßgeschneiderte Ansätze für einzelne Patient:innen zu haben.

Letzte Aktualisierung: April 2024

Letzte Aktualisierung: April 2024.