Interview mit Prof. Stefan Bauer Die Grenzen der KI-Forschung überschreiten
Stefan Bauer ist außerordentlicher Professor an der TU München und Senior PI bei Helmholtz AI. Seine Publikationen sind mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Best Paper Award 2019 der International Conference on Machine Learning (ICML). Als Organisator von Wettbewerben zur Anwendung und Entwicklung von KI, beispielsweise in der Medikamentenforschung oder der real-robot-challenge.com setzt er sich für die Demokratisierung und Transparenz im Bereich „Machine Learning“ ein.
Stefan Bauer ist außerordentlicher Professor an der TU München und Senior PI bei Helmholtz AI. Seine Publikationen sind mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Best Paper Award 2019 der International Conference on Machine Learning (ICML). Als Organisator von Wettbewerben zur Anwendung und Entwicklung von KI, beispielsweise in der Medikamentenforschung oder der real-robot-challenge.com setzt er sich für die Demokratisierung und Transparenz im Bereich „Machine Learning“ ein.
„Wir beschäftigen uns mit allen Phasen von experimentellem Design und arbeiten daran, Prozesse zur Datenerhebung zu automatisieren und deutlich effizienter zu machen.“
Prof. Stefan Bauer
Welche Ziele verfolgen Sie bei Helmholtz Munich?
Ich bin seit dem 1. März 2023 bei Helmholtz Munich. In meiner Arbeitsgruppe arbeiten wir an der Entwicklung von Algorithmen, die kausale Zusammenhänge aus hochdimensionalen Eingaben lernen, ihre Entscheidungen erklären und sich schnell an neue Probleme anpassen können: All diese Anforderungen sind Schlüsselvoraussetzungen für robuste und transformative KI-basierte Technologien in vielen Anwendungsbereichen.
Bei Helmholtz München möchten wir diese Technologien zusammen spezialisierten Kolleg:innen entwickeln und unsere Forschung in die Praxis umzusetzen.
Die Korrelation zwischen der Anzahl an Störchen und der Geburtenrate ist bekannt für eine sogenannte Scheinkorrelation.
Was bedeutet das und was passiert, wenn im AI-Ansatz Machine Learning Kausalität nicht integriert ist?
Wenn Kausalität in KI und maschinellem Lernen nicht berücksichtigt wird, können Modelle Korrelationen erkennen, ohne die zugrunde liegenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu verstehen. Dies kann zu ungenauen Vorhersagen, verzerrten Entscheidungen oder falschen Schlussfolgerungen führen, da das Modell zufällige Korrelationen (wie Störche und Geburtenraten) fälschlicherweise für bedeutsame Muster hält.
Im Verbundprojekt „CausalNet“ wollen wir dies erreichen und haben für die nächsten drei Jahre eine BMBF-Förderung in Höhe von rund 2 Mio. Euro verteilt auf mehrere Projektpartner erhalten.
Sie sind einer der Experten der Helmholtz Foundation Model Initiative.
Was ist das Ziel dieser Initiative und welches Know-how bringen Sie ein?
Das groß angelegte Vortraining neuronaler Netze stellt einen gewaltigen Wandel in der KI-Forschung in verschiedenen Disziplinen dar und bringt zahlreiche grundlegende Herausforderungen und Chancen mit sich. Ein solcher Paradigmenwechsel wirft eigene grundlegende Forschungsfragen auf, die angegangen werden müssen, um sicherzustellen, dass diese Entwicklungen in den verschiedenen Forschungsbereichen sowie allen Datenmodalitäten in der Helmholtz-Gemeinschaft effektiv genutzt werden. Für diese Aufgabe wurde die Initiative der Helmholtz-Stiftung ins Leben gerufen.
Als Teil der Synergieeinheit koordinieren wir die Stiftungsmodellbemühungen in Helmholtz und bauen langfristige und synergistische Stiftungsmodellexpertise auf.
Was inspirierte Sie zu Helmholtz Munich zu kommen? Was ist für Sie typisch Helmholtz Munich?
Helmholtz Munich bietet ein unglaublich spannendes und interdisziplinäres Forschungsumfeld. Hier kann ich mit weltweit führenden Experten:innen vor Ort zusammenzuarbeiten. Von der Medizinforschung bis hin zur Ökologie sind bei Helmholtz Munich herausragende Forschungsgruppen vertreten. Ich freue mich darauf, gemeinsame Forschungsprojekte zu starten, Inspiration für neue Fragestellungen zu erhalten und Algorithmen in konkreten Anwendungen zu testen und weiterzuentwickeln.
Was fasziniert Sie an Ihrer Forschung?
Die Möglichkeit, Einblicke in die verschiedenen Anwendungsbereiche zu bekommen und mit verschiedenen Experten:innen in einem spannenden Umfeld zusammenarbeiten zu dürfen. Machine Learning ist derzeit ein sehr gefragtes Forschungsfeld mit schnellen Innovationszyklen und es ist faszinierend zu sehen, wie viele andere Felder dies aufnehmen und in Ihre eigene Forschung integrieren. Es macht Spaß, Teil dieser aktiven Forschungsgemeinschaft zu sein. Vor allem die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit intrinsisch motivierten Forscher:innen finde ich faszinierend und begeistert mich immer wieder.
Was möchten Sie in Ihrem wissenschaftlichen Feld erreichen?
Wir betreiben Grundlagenforschung, um langfristig einen Beitrag zu intelligenten Systemen leisten zu können. Dies kann auch bedeuten, nur sehr kleine Elemente weiterzuentwickeln oder ein rudimentäres Verständnis in unerforschten Teilbereichen zu erlangen. Konkret verfolgen wir momentan das Ziel, bisher schwer vereinbare Felder wie bestärkendes Lernen und Kausalität zu verbinden. Darüber hinaus beschäftigen uns mit allen Phasen von experimentellem Design und arbeiten daran, Prozesse zur Datenerhebung zu automatisieren und deutlich effizienter zu machen.
„Ich genieße es sehr, in einem Netzwerk von inspirierenden und engagierten Menschen zu arbeiten und bin sehr glücklich und dankbar über die Möglichkeiten, die mir Helmholtz Munich und die TU München für meine Forschung bieten.“
Prof. Stefan Bauer
Was sind die größten Herausforderungen und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?
Eine wissenschaftliche Karriere ist mit vielen Unwägbarkeiten und vor allem Unstetigkeit verbunden. Mehrfache Wohnortwechsel sind üblich und meist erhält man nur sehr kurzfristige Anstellungsverträge. Wir bilden viele exzellente Forscher:innen aus, ohne dass diese je die Chance auf eine permanente Stelle in der Wissenschaft haben werden. Hinzu kommen zunehmende bürokratische Anforderungen, welche eine der größten Belastungen in einem ohnehin schon vollen Arbeitsalltag darstellen.
Dennoch genieße ich die Arbeit in einem Netzwerk von inspirierenden und engagierten Menschen und bin sehr glücklich und dankbar über die Möglichkeiten, die mir Helmholtz Munich und die TU München für meine Forschung bieten.
Gab es ein einschneidendes Erlebnis in Ihrer wissenschaftlichen Karriere, das Sie geprägt hat?
Mich haben vor allem Mentor:innen und Ihre Handlungen oder Unterstützung geprägt. Für deren Unterstützung und / oder Kooperation bin ich sehr dankbar. Auch über die „glücklichen Zufälle“, die meinen Weg begleitet haben, bin ich dankbar!
Was zeichnet aus Ihrer Sicht das Leben eines Wissenschaftlers aus?
“Die andauernde Bestrebung und Hoffnung trotz vieler Rückschläge und Widrigkeiten einen Erkenntnisbeitrag zu leisten und hoffentlich mit meiner Forschung positiven Einfluss zu nehmen, mein Wissen zu teilen und gleichzeitig die Offenheit, jederzeit und egal von wem zu lernen.”
Prof. Stefan Bauer
Woraus schöpfen Sie Kraft neben Ihrer Arbeit? Welche Hobbies haben Sie?
Sport, Musik und gutes Essen.
Verraten Sie ein Geheimnis von sich!
Ich komme aus der Nähe Münchens und ich freue mich sehr über die Rückkehr in meine Heimatregion.
Prof. Stefan Bauer ist außerordentlicher Professor an der TU München und Direktor bei Helmholtz AI. Er ist ein CIFAR Azrieli Global Scholar und war vor seiner Berufung nach München Assistenzprofessor an der KTH Stockholm sowie Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen. Stefan Bauer promovierte 2018 im Fach Informatik an der ETH Zürich, wofür er mit der ETH-Medaille für herausragende Dissertationen geehrt wurde. Zuvor studierte er Mathematik an der ETH Zürich und Wirtschaftswissenschaften und Finanzen an der University of London. Seine Veröffentlichungen wurden mehrfach ausgezeichnet, darunter der Best Paper Award auf der International Conference on Machine Learning (ICML) 2019. Als Organisator von Wettbewerben zur Anwendung und Entwicklung von KI, wie z.B. in der Arzneimittelforschung oder bei real-robot-challenge.com, setzt er sich für die Demokratisierung und Transparenz von Forschung im Bereich des maschinellen Lernens ein.
Latest update: November 2024