Multimorbidität verstehen: Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes und Osteoarthrose
Das gleichzeitige Auftreten mehrerer chronischer Erkrankungen bei einer einzelnen Person ist definiert als Multimorbidität und stellt das Gesundheitswesen aufgrund der alternden Bevölkerung vor eine erhebliche Herausforderung. In einem gemeinschaftlichen Forschungsprojekt haben Wissenschaftler:innen den Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes und Osteoarthrose untersucht. Durch die Integration von genetischen Daten und funktionalen Informationen konnten Gene in Zusammenhang mit dieser Komorbidität identifiziert werden. Dies führt zu einem besseren Verständnis der zugrunde liegenden biologischen Prozesse und liefert Ansätze für Drug Repurposing (Neupositionierung von zugelassenen Medikamenten auf andere Krankheiten).
Multimorbidität beschreibt das gleichzeitige Auftreten mehrerer chronischer Erkrankungen bei einer einzelnen Person und wird immer mehr zur Herausforderung im Gesundheitssystem, da die Lebenserwartung weltweit steigt. Doktorandin Ana Luiza Arruda und ihre Kolleg:innen vom Institut für Translationale Genomik unter der Leitung von Prof. Eleftheria Zeggini bei Helmholtz Munich haben mit Forschenden von der Universität Bristol und der Universität Manchester zusammengearbeitet, um den Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes (betroffen sind über 430 Millionen Menschen) und Arthrose (betroffen sind über 520 Millionen Menschen) zu untersuchen (Vos et al., The Lancet 2020). Die Komorbidität zwischen diesen beiden komplexen Erkrankungen ist eines der häufigsten Multimorbiditätserscheinungen weltweit, wobei es sich um eine Kombination aus kardiometabolischen und osteoartikulären Krankheiten handelt. Bereits in den letzten Jahren war Zegginis Team maßgeblich an genomischen Untersuchungen zu jeder der beiden einzelnen Krankheiten beteiligt.
Arruda und das Team entwickelten und verwendeten einen analytischen Ansatz, der Genotyp-Daten, Omics- und funktionelle Informationen aus Gewebeproben integriert, um eine Liste zuverlässiger Effektorgene zu identifizieren, die mit der Komorbidität von Typ-2-Diabetes und Osteoarthrose im Zusammenhang stehen. Dadurch konnten die Forscher:innen erfolgreich eine genetische Überlappung zwischen den beiden Krankheiten nachweisen. Ihre Erkenntnisse zeigen die zugrunde liegenden biologischen Prozesse der Komorbidität auf und liefern Möglichkeiten zur Verwendung bereits existierende Medikamente in neuen Indikationen und für neue therapeutische Ziele. Der vorgestellte Ansatz ist auf jede Kombination von komorbiden Krankheiten anwendbar und kann dazu beitragen, das Verständnis für gleichzeitig auftretende chronische Erkrankungen zu verbessern.
"Wir erhoffen uns, dass unsere genetischen Erkenntnisse eine translationale Anwendung finden. Und wir sind zuversichtlich, dass diese Arbeit eine Verbesserung der Lebensqualität von Patient:innen mit Osteoarthrose und Typ-2-Diabetes haben kann, vor allem wenn man bedenkt, dass zwei Drittel der von der FDA zugelassenen Medikamente auf genetischen Befunden basieren", betont Ana Luiza Arruda, Erstautorin der Studie. Die genomischen Erkenntnisse werden zunehmend an Bedeutung gewinnen, da die globale Bevölkerung weiterhin altert und damit die Herausforderungen für das Gesundheitssystem bei der Bewältigung von gleichzeitig auftretenden chronischen Erkrankungen verstärkt werden.
Über die Wissenschaftler:innen
Eleftheria Zeggini, Direktorin des Instituts für Translationale Genomik bei Helmholtz Munich und Professorin für Translationale Genomik an der TUM School of Medicine an der Technischen Universität München (TUM) und dem Klinkum Rechts der Isar
Ana Luiza Arruda, Doktorandin am Institut für Translationale Genomik bei Helmholtz Munich
Originalpublikation
Arruda et al. (2023): Genetic underpinning of the comorbidity between type 2 diabetes and osteoarthritis. American Journal of Human Genetics. DOI:https://doi.org/10.1016/j.ajhg.2023.06.010
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