diabinfo im Dialog: Adipositas und Diabetes – Prävention und Therapie im Wandel
Die medikamentöse Behandlung von Adipositas und Typ-2-Diabetes befindet sich im Wandel. Moderne Wirkstoffe wie Semaglutid oder Tirzepatid – oft als „Abnehmspritzen“ bezeichnet – ahmen die Funktion bestimmter Darmhormone nach und beeinflussen gezielt den Stoffwechsel: So können sie eine deutliche Gewichtsreduktion unterstützen und das Risiko für Folgeerkrankungen senken. Ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt, werden sie mittlerweile auch bei Adipositas eingesetzt.
Mit den modernen Wirkstoffen gehen aber auch Fragen einher: Wer profitiert von der Behandlung? Wie läuft die Anwendung ab? Wer übernimmt die Kosten? Und was ist im Hinblick auf Wirkung, Nebenwirkungen und Langzeiteffekte zu beachten?
Diesen Fragen widmete sich die 5. Ausgabe der Online-Veranstaltung „diabinfo im Dialog“ am 8. Juli 2025, bei der aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung und praktische Erfahrungen diskutiert wurden.
Neue Wirkstoffe in der Adipositas- und Diabetes-Therapie
Prof. Timo Müller, Direktor des Instituts für Diabetes und Adipositas bei Helmholtz Munich, zeigte in seinem Vortrag auf, wo die Forschung aktuell steht und welche Zukunftsperspektiven moderne Wirkstoffe in der Therapie von Adipositas und Typ-2-Diabets eröffnen. Er erläuterte die Wirkmechanismen der zugelassenen Medikamente, beginnend mit GLP-1-Rezeptoragonisten, die gezielt den GLP-1-Rezeptor aktivieren, um Appetit, Sättigung und die Insulinausschüttung zu steuern. Darauf aufbauend stellte er Duale Rezeptoragonisten vor, die zusätzlich den GIP-Rezeptor ansprechen und so eine stärkere Wirkung entfalten können.
Darüber hinaus zeigte Müller Perspektiven für die nächsten Wirkstoffgenerationen auf: Ein vielversprechender Ansatz besteht darin, die therapeutische Wirksamkeit weiter zu steigern, indem gleichzeitig mehrere Rezeptoren angesprochen werden. Aktuell werden sogenannte Triple Rezeptoragonisten erforscht, die neben GLP-1- und GIP- auch den Glukagon-Rezeptor aktivieren. Erste Studienergebnisse deuten darauf hin, dass mit diesen Wirkstoffen ein Gewichtsverlust erzielt werden kann, der bislang nur durch bariatrische Operationen erzielt werden konnte.
Erfahrungen aus der Praxis – Wirkstoffe als Baustein eines multimodalen Therapiekonzeptes
Prof. Matthias Blüher, Direktor des Helmholtz-Instituts für Metabolismus-, Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG) bei Helmholtz Munich und Professor für klinische Adipositasforschung an der Universität Leipzig, veranschaulichte praxisnah, wie Rezeptoragonisten in die Behandlung von Menschen mit Adipositas und Typ-2-Diabetes integriert werden können. Er betonte, dass das Ziel der Adipositas-Therapie weit über die reine Gewichtsreduktion hinausgeht. Im Vordergrund stehen die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes, die Vermeidung oder Remission von Folgeerkrankungen sowie eine gesteigerte Lebensqualität.
Die Grundlage jeder Adipositas- und Typ-2-Diabetes-Therapie bildet die Verhaltensänderung. Allerdings lassen sich durch Änderungen des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens sowie durch einen angemessenen Umgang mit Stress meist nur Gewichtsverluste von etwa 0 bis 5 Prozent erzielen. Hier setzt die medikamentöse Therapie an: Durch den Einsatz moderner Rezeptoragonisten sind heute Gewichtsreduktionen von 15 Prozent und mehr möglich.
Erfahrungsaustausch mit betroffenen Personen
Die Vorträge wurden durch die persönlichen Erfahrungen von zwei betroffenen Personen ergänzt – einer Person mit Adipositas sowie einer Person mit Typ-2-Diabetes und Adipositas. Beide berichteten, wie sie mit Unterstützung der modernen Medikamente erfolgreich Gewicht reduzieren konnten und wie positiv sich dies auf ihren Alltag und ihre Gesundheit ausgewirkt hat. Der HbA1c-Wert habe sich spürbar verbessert und auch Bewegung falle nun leichter: 10.000 Schritte am Tag seien inzwischen problemlos möglich. Die betroffenen Personen beschrieben die Behandlung insgesamt als eine hilfreiche Unterstützung, während mögliche Nebenwirkungen mild ausfielen.
Abschließend waren sich die Teilnehmenden einig: Die Möglichkeiten, Adipositas zu behandeln, werden immer besser.
Das Diabetesinformationsportal diabinfo.de ist ein gemeinsames Angebot von Helmholtz Munich, des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) in Düsseldorf und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).