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An AI powered system automating remote patient monitoring by analyzing real time health data and vital signs, futuristic AI-driven healthcare platform
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Künstliche Intelligenz lernt das Leben verstehen Wie Foundation-Modelle die biomedizinische Forschung prägen

KI-basierte Foundation-Modelle wie GPT haben sich von einfachen Alltagswerkzeugen zu leistungsstarken Systemen entwickelt, die ganze Branchen transformieren können. Forschende bei Helmholtz Munich nutzen das enorme Potenzial dieser Modelle, um medizinische Innovationen voranzutreiben – mit dem Ziel, Diagnostik, Therapieplanung und die biomedizinische Forschung nachhaltig zu verbessern.

KI-basierte Foundation-Modelle wie GPT haben sich von einfachen Alltagswerkzeugen zu leistungsstarken Systemen entwickelt, die ganze Branchen transformieren können. Forschende bei Helmholtz Munich nutzen das enorme Potenzial dieser Modelle, um medizinische Innovationen voranzutreiben – mit dem Ziel, Diagnostik, Therapieplanung und die biomedizinische Forschung nachhaltig zu verbessern.

Es begann mit einfachen Fragen: „Hey ChatGPT, was ist ein gutes Rezept für heute Abend?“ oder „Kannst du mir diesen Artikel zusammenfassen?“
KI-gestützte Assistenten haben sich längst nahtlos in unseren Alltag integriert – sie helfen beim Formulieren von E-Mails, unterstützen Schüler beim Lernen oder erleichtern die Recherche. Sie wurden zu unverzichtbaren digitalen Begleitern, die mit jeder Anfrage das Leben ein wenig einfacher machen.
Doch was einst als praktisches Hilfsmittel für den Alltag begann, hat sich zu einem mächtigen Werkzeug mit weitreichenden Möglichkeiten entwickelt.

Foundation-Modelle wie GPT – das KI-System hinter ChatGPT – sind groß angelegte, künstliche Intelligenzsysteme, die auf umfangreichen und vielfältigen Datensätzen trainiert wurden. Dadurch können sie eine breite Palette an Aufgaben bewältigen, ohne dafür speziell angepasst werden zu müssen. Ihre Fähigkeit, Wissen flexibel auf unterschiedlichste Bereiche zu übertragen, macht sie besonders vielseitig – von der Sprachverarbeitung über die Softwareentwicklung bis hin zur Lösung komplexer Probleme. Sie kommen in verschiedensten Anwendungen zum Einsatz: etwa bei der Textgenerierung, als Unterstützung beim Programmieren oder zur Analyse großer Datenmengen. So verändern sie ganze Branchen, indem sie Effizienz steigern und bessere Entscheidungsgrundlagen schaffen.

Mit jedem Fortschritt wachsen auch die Möglichkeiten dieser Modelle. Fachleute erforschen zunehmend ihren Einsatz jenseits alltäglicher Anwendungen. Ihre Fähigkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten, Muster zu erkennen und fundierte Erkenntnisse zu generieren, führt zu Durchbrüchen in Bereichen wie Forschung, Finanzen oder kreativen Industrien. Besonders vielversprechend ist ihr Einsatz im Gesundheitswesen: Hier eröffnen sich neue Chancen, um Diagnostik, Therapieplanung und medizinische Forschung entscheidend zu verbessern. Forschende bei Helmholtz Munich erkennen dieses Potenzial und untersuchen, wie KI-basierte Modelle komplexe medizinische Daten analysieren können – mit dem Ziel, die Gesundheitsversorgung grundlegend zu verändern.

Die virtuelle Zelle mit KI erschaffen

„Einer meiner Träume für die nächsten zehn Jahre ist es, eine virtuelle Zelle zu entwickeln. Damit meine ich ein KI-System, das die gesamte Funktion einer Zelle modellieren kann“, sagte Demis Hassabis, Mitbegründer von DeepMind, in einem Interview mit The Guardian im Jahr 2022.
Diese visionäre Vorstellung inspiriert Forschende weltweit – darunter auch Prof. Fabian Theis und sein Team am Computational Health Center bei Helmholtz Munich, die aktiv daran arbeiten, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.

Theis, ein Pionier auf dem Gebiet der KI-gestützten biomedizinischen Forschung, spricht häufig von der „virtuellen Zelle“ als langfristiges Ziel: einem umfassenden digitalen Modell, das das Verhalten einzelner Zellen in Gesundheit und Krankheit simulieren kann. Sein Team entwickelt KI-basierte Lern-Atlanten der Zelle, um zelluläre Zustände systematisch zu kartieren und unser Verständnis biologischer Prozesse zu vertiefen.

Im Zentrum dieser Forschung steht die Einzelzell-Sequenzierung – eine Technologie, mit der sich einzelne Zellen detailliert untersuchen lassen, anstatt Durchschnittswerte ganzer Gewebe zu analysieren. Diese Methode erzeugt äußerst komplexe und umfangreiche Datensätze. Foundation Models erweisen sich dabei als Schlüssel zur Ausschöpfung dieses Potenzials: Mit Hilfe von KI kann Theis’ Team Millionen von Zellprofilen verarbeiten, Muster und Zusammenhänge erkennen sowie Übergänge zwischen Zellzuständen sichtbar machen – Erkenntnisse, die manuell kaum zu gewinnen wären.

„Früher hätte eine solche Analyse Jahre gedauert. Heute schaffen wir das mit Foundation Models in Wochen – manchmal sogar in Tagen“

Prof. Fabian Theis, Leiter des Computational Health Center

Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung eines rechnergestützten Modells, das das Verhalten von Zellen vorhersagen kann – ein entscheidender Schritt hin zur von Hassabis beschriebenen „virtuellen Zelle“. Mithilfe KI-basierter Modelle können Forschende simulieren, wie Immunzellen auf Infektionen reagieren, wie Krebszellen auf Therapien resistent werden oder wie neurodegenerative Erkrankungen sich auf zellulärer Ebene entwickeln. Diese Fähigkeit ist nicht nur für die Grundlagenforschung von unschätzbarem Wert, sondern auch für die personalisierte Medizin – also die Entwicklung individueller Therapien, die auf den spezifischen Zellzustand einzelner Patientinnen und Patienten zugeschnitten sind.

Besonders vielversprechend ist die Arbeit von Theis auch im Bereich der Medikamentenentwicklung und regenerativen Medizin. KI-gestützte Zellatlanten helfen dabei, neue Zielstrukturen für Arzneimittel zu identifizieren, indem sie zeigen, wie verschiedene Zelltypen interagieren und welche genetischen Signalwege Krankheiten antreiben.
„Unsere Modelle können Daten von Tausenden Patienten analysieren, um Biomarker für Krebs, Diabetes und seltene genetische Erkrankungen zu identifizieren – das ermöglicht frühere Diagnosen und gezieltere Therapien“, erklärt Theis.

Fabian Theis im Porträt: Vom Leibniz-Preis zum Vorreiter für KI-basierte biomedizinische Innovationen

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KI beibringen, wie ein Mensch zu denken

Dr. Eric Schulz vom Institute for Human-Centered AI bei Helmholtz Munich hat sich zum Ziel gesetzt, Künstliche Intelligenz psychologisch sensibel zu machen. Sein Team integriert Erkenntnisse aus der Kognitionswissenschaft in Foundation Models, damit diese menschliches Verhalten vorhersagen und medizinische Entscheidungsprozesse verbessern können.

Schulz arbeitet mit Large Language Models (LLMs) – KI-Systemen, die auf riesigen Textdatenmengen trainiert sind und menschenähnliche Sprache verstehen und erzeugen können. Modelle wie GPT sind darauf ausgelegt, Kontext zu erfassen, Antworten zu generieren und Aufgaben in unterschiedlichsten Bereichen zu bewältigen, was sie für viele Anwendungen – auch in der medizinischen Forschung – äußerst flexibel macht. Die Herausforderung besteht jedoch darin, ihr Verhalten in komplexen Szenarien zu verstehen. Schulz’ Team war das erste, das psychologische und kognitionswissenschaftliche Paradigmen in großem Umfang auf LLMs anwendete, um zu erforschen, wie sie lernen, Entscheidungen treffen und sich von menschlicher Kognition unterscheiden.

Ursprünglich lag der Fokus auf der Analyse ihrer Entscheidungsprozesse. Heute gehört Schulz’ Labor europaweit zu den führenden Einrichtungen, die mit einzigartigen LLMs arbeiten und diese durch menschliches Feedback verbessern. Dieses Feedback hilft den Modellen, ihre eigenen Grenzen zu erkennen – ein entscheidender Aspekt gerade in der Medizin. So sollte ein LLM, wenn es eine Diagnose vorschlägt, auch die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit angeben. Schulz entdeckte zudem, dass Open-Source-Modelle tendenziell weniger Risiken eingehen als proprietäre Modelle – eine wichtige Erkenntnis für den Einsatz von KI im Gesundheitswesen.

Schulz plant, diese Erkenntnisse auf Psychiatrie und medizinische Wissenschaften anzuwenden. Durch das Feinjustieren der Modelle mit individuellen Patientendaten könnte KI personalisierte Therapien ermöglichen, etwa maßgeschneiderte Interventionen zur Angstlinderung. So wie die virtuelle Zelle zelluläre Prozesse simuliert, möchte Schulz ein „virtuelles Menschenmodell“ schaffen, das die Komplexität menschlichen Verhaltens, von Gesundheitsentscheidungen und Emotionen abbildet.

Im Kern verbindet Schulz’ Arbeit KI und Psychologie, indem Modelle entwickelt werden, die nicht nur Krankheiten diagnostizieren, sondern auch die Präferenzen von Patientinnen und Patienten verstehen. „Gesundheitsversorgung dreht sich nicht nur um Biologie, sondern um Menschen, die Entscheidungen treffen“, erklärt Schulz.

"Wenn KI versteht, warum Menschen sich so verhalten, können wir bessere und individuellere Behandlungen entwickeln.“

Dr. Eric Schulz, Direktor des Institute of Human-Centered AI bei Helmholtz Munich

KI-gestützte Krebsdiagnostik

Prof. Julia Schnabel vom Institute of Machine Learning in Biomedical Imaging bei Helmholtz Munich treibt die medizinische Bildgebung mit KI-basierter Bildrekonstruktion, -analyse und -diagnose voran. Ihr Team ist Teil einer bundesweiten Initiative in Deutschland, in der sie die Entwicklung von Foundation Models leitet, um eine der drängendsten Fragen der Onkologie zu beantworten: Wo liegt der Ursprung eines Krebses?

Die Identifikation des Primärtumors, wenn Metastasen im Körper auftreten, stellt eine große Herausforderung dar. Um dies zu lösen, entwickelt Schnabels Team ein sogenanntes Cancer Foundation Model – ein KI-System, das verschiedene medizinische Datenquellen integriert, darunter Pathologie, Radiologie, Textberichte und elektronische Gesundheitsakten. Durch die Kombination von Vision Transformers (KI-Modelle, die auf Bildanalyse spezialisiert sind) mit LLMs entsteht ein System, das sowohl bildgebende als auch textuelle Daten nahtlos analysieren kann, um die Quelle metastasierter Tumore nachzuverfolgen. „Mit Hilfe von KI wollen wir ein System entwickeln, das den Ursprung metastasierender Tumore mit bisher unerreichter Genauigkeit bestimmen kann“, sagt Schnabel.

„Das könnte die Krebsdiagnostik revolutionieren, zu einer frühzeitigeren Erkennung, präziseren Behandlungsstrategien und besseren Patientenergebnissen führen.“

Prof. Julia Schnabel, Direktorin des Institute of Machine Learning in Biomedical Imaging beiHelmholtz Munich

Diese Arbeit ist Teil des Projekts DECIPHER-M, einer nationalen, KI-gestützten Initiative, die im März 2025 gestartet wurde, um die Metastasierung von Krebs besser zu verstehen. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der „Nationalen Dekade gegen Krebs“, vereint das Projekt Experten aus Medizin, Informatik und Biotechnologie.

Ethische, vertrauenswürdige und nachhaltige KI

Obwohl Forschungen zu Foundation Models das Gesundheitswesen bereits spürbar verändern, bleiben wichtige Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Die verantwortungsvolle Entwicklung und Anwendung von KI-Technologien bleibt eine zentrale Priorität. Themen wie Datenschutz, algorithmische Verzerrungen und die Integration in klinische Arbeitsabläufe erfordern nicht nur technische Innovationen, sondern auch ethische Aufsicht und nachhaltige Praktiken.

„Wir möchten KI-Tools entwickeln, die nicht nur effektiv, sondern auch transparent, fair und robust genug sind, um im realen Gesundheitswesen Vertrauen zu schaffen“, sagt Julia Schnabel. „Deshalb engagieren wir uns aktiv in internationalen Initiativen wie FUTURE-AI, die klare Prinzipien und Leitlinien für die Entwicklung vertrauenswürdiger medizinischer KI bereitstellen.“

Der FUTURE-AI-Rahmen, entwickelt von über 100 Experten weltweit, definiert Best Practices für Fairness, Transparenz, Benutzerfreundlichkeit und Erklärbarkeit über den gesamten KI-Lebenszyklus – von der Konzeption bis zum Einsatz. Bei Helmholtz Munich werden diese Prinzipien auch genutzt, um den ökologischen Fußabdruck von KI zu verbessern, indem große Modelle optimiert und wiederverwendet werden, um den Energieverbrauch zu senken, ohne die Leistungsfähigkeit einzubüßen.

Durch die Verbindung von Innovation und Verantwortung trägt Helmholtz Munich dazu bei, eine Zukunft zu gestalten, in der KI das Gesundheitswesen verbessert und zugleich ethisch und nachhaltig bleibt.

Letztes Update: Mai 2025.