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Helmholtz Munich | Andreas Pfohl

Früherkennung von Typ-1-Diabetes: Neues Positionspapier veröffentlicht

Diabetes, IDF,

Expert:innen der Helmholtz Munich geführten Fr1daPlex-Initiative, des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Bayern und des PaedNetz Bayern e.V. geben in einem neuen Positionspapier eine ausführliche Bewertung eines Inselautoantikörper-Screenings zur Früherkennung von Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Die Autor:innen, darunter Helmholtz Munich Wissenschaftler:innen Peter Achenbach und Anette-Gabriele Ziegler, diskutieren den Nutzen dieses Screenings für die Allgemeinbevölkerung sowie mögliche Risiken. Das Positionspapier wird von weiteren Helmholtz Munich Wissenschaftler:innen unterstützt, darunter auch Martin Hrabě de Angelis, wissenschaftlicher Direktor von Helmholtz Munich.

Typ-1-Diabetes wird immer häufiger bei Kindern 

Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland erkranken an Typ-1-Diabetes, der häufigsten Stoffwechselstörung auf der Basis einer Autoimmunerkrankung bei Kindern. Meist wird Typ-1-Diabetes erst diagnostiziert, wenn bereits schwerwiegende Symptome aufgetreten sind. Inselautoantikörper im Blut können als Biomarker dienen, um den Autoimmunprozess frühzeitig zu erkennen bevor Symptome auftreten. Bisher wird ein solches Screening im Rahmen der Fr1da-Studie unter der Leitung von Helmholtz Munich in Bayern, Sachsen, Niedersachsen und Hamburg angeboten.
 

Ein flächendeckendes Screening bringt Vorteile für die Allgemeinbevölkerung

Im Positionspapier fassen die Forschenden die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte zum Thema Früherkennung des Typ-1-Diabetes zusammen:

  • Eine Diagnose, die bereits im symptomlosen Frühstadium der Erkrankung erfolgt, verringert das Auftreten von metabolischen Entgleisungen und Ketoazidosen während der klinischen Manifestation des Typ-1-Diabetes. Dadurch können neurokognitive Beeinträchtigungen verhindert werden.
  • Zudem ist eine Diagnose im Frühstadium mit einem milden Krankheitsbild und einer besser erhaltenen Insulin-Restsekretion verbunden, was zu einer verbesserten langfristigen Stoffwechselkontrolle sowie einer Vermeidung oder Verkürzung von Krankenhausaufenthalten führen kann.
  • Das frühzeitige Erkennen von Typ-1-Diabetes bietet betroffenen Familien Zeit, um sich auf die Stoffwechselerkrankung vorzubereiten, und führt so zu einer geringeren psychischen Belastung bei der klinischen Manifestation.
  • Zusätzlich betonen die Autor:innen die Relevanz der Früherkennung für die Anwendung von krankheitsverzögernden Therapien wie einer Teplizumab-Behandlung, die in den nächsten Jahren auch in Deutschland verfügbar werden könnte. Dieser monoklonale CD3-Antikörper ist bisher in den USA zugelassen und kann das Fortschreiten der Autoimmunerkrankung um zwei bis drei Jahre verzögern – vorausgesetzt, der Typ-1-Diabetes wird in einem Frühstadium entdeckt.

 

Erfolgreiche Früherkennung benötigt qualifizierte Beratung und Betreuung

Die Autor:innen nennen auch potenzielle Risiken der Teilnahme an einem Früherkennungsprogramm. Bisher kann der Zeitpunkt der Manifestation bei einem positiv gescreenten Kind noch nicht genau vorhergesagt werden. Das Wissen über ein Frühstadium sowie regelmäßige Selbstkontrollen und Arztbesuche könnte das Denken und Handeln der Eltern ungünstig beeinflussen. Ein negatives Screening-Ergebnis kann hingegen mit dem Risiko der vermeintlichen Sicherheit verbunden sein, was bei einer Gruppe von Kindern das Risiko einer diabetischen Ketoazidose erhöhen könnte. Unter diesen Gesichtspunkten betonen die Verfassenden des Positionspapiers die Relevanz einer qualifizierten Beratung und Betreuung für teilnehmende Familien.

 

Forschende fordern rasche Integration der Früherkennung in Gesundheitssystem

Unter Abwägung der Vor- und Nachteile fordern die Verfassenden eine Aufnahme der Aufklärung über die Möglichkeit und das konkrete Angebot der Früherkennung des Typ-1-Diabetes in die Regelversorgung von Kindern. Als wichtige Schritte für die Implementierung des Screenings in Deutschland heben sie insbesondere die Schulung von Kinder- und Jugendärzten und -ärztinnen sowie die Ausweitung von regionalen Kapazitäten für die Betreuung betroffener Kinder hervor. Das Positionspapier verdeutlicht die Dringlichkeit eines flächendeckenden Screenings, um schwerwiegende Stoffwechselentgleisungen insgesamt zu reduzieren und die Perspektiven betroffener Kinder und deren Eltern zu verbessern.

Vollständige Publikation:

Achenbach, Peter et al.: Früherkennung von Typ-1-Diabetes durch Inselautoantikörper-Screening – ein Positionspapier der Fr1daPlex-Projektleiter und -Schulungszentren, des BVKJ Bayern und PaedNetz Bayern e.V. In: Das Gesundheitswesen, 2024 (online), DOI: 10.1055/a-2320-2859

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Univ.-Prof. Dr. med. Anette-Gabriele Ziegler

Institutsdirektorin, Lehrstuhl für Diabetes und Gestationsdiabetes, Klinikum rechts der Isar und Technische Universität München, Direktorin Globale Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD)
Sandra Hummel 2

Prof. Dr. oec. troph. Sandra Hummel

Leitende Wissenschaftlerin Forschungsbereich: Lifestyle, Übergewicht und epigenetische Prägung bei Typ-1- und Gestationsdiabetes
Portrait Peter Achenbach

Prof. Dr. med. Peter Achenbach

Stellvertretender Institutsdirektor, Leitender Wissenschaftler Forschungsbereich: Studienzentrum für Diabetes bei Kindern - Klinische Studien zur Prävention und Immunintervention