Skip to main content
Titelbild zu 40 Jahre KORA Studie
were - stock.adobe.com

KORA-Studie: 40 Jahre wegweisende Beiträge zur öffentlichen Gesundheitsforschung

Environmental Health, EPI,

In diesem Jahr feiert die KORA-Studie (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) ihr 40-jähriges Bestehen. Sie zählt zu den bedeutendsten bevölkerungsbasierten Forschungsinitiativen in Deutschland. Seit ihrer Gründung hat die KORA-Studie rund 18.000 Teilnehmende aus der Region Augsburg (Süddeutschland) begleitet und entscheidende Erkenntnisse zu Prävention, Früherkennung und dem Umgang mit nichtübertragbaren Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Lungenerkrankungen und psychischen Störungen gewonnen.

Die Studie wurde 1984 im Rahmen des MONICA-Projekts (Monitoring of Trends and Determinants in Cardiovascular Disease) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen und ist seither zu einem zentralen Baustein der nationalen und internationalen epidemiologischen Forschung geworden. „KORA ist eine Vorzeigestudie bei Helmholtz Munich, die gesundheitspolitische Maßnahmen maßgeblich beeinflusst und unser Wissen über Prävention und Behandlung von Krankheiten nachhaltig erweitert hat“, betont Prof. Annette Peters, Direktorin des Instituts für Epidemiologie bei Helmholtz Munich und Hauptverantwortliche der KORA-Studie. „Ihr Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit ist von unschätzbarem Wert.“

Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ihre Risikofaktoren im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weiterhin die häufigste Todesursache weltweit, doch ihre komplexen Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht. Die KORA-Studie hat wesentliche Fortschritte beim Verständnis von Risikofaktoren, Früherkennung und Prävention ermöglicht. Durch den Einsatz modernster Technologien wie OMICs – umfassende Analysen biologischer Daten, darunter Gene (Genomik), Proteine (Proteomik) und Metaboliten (Metabolomik) – sowie künstlicher Intelligenz adressieren die Forschenden auch Gesundheitsrisiken wie Luftverschmutzung und seit einigen Jahren darüber hinaus den Klimawandel und Hitzewellen.

Gesundheitsrichtlinien zur Luftverschmutzung maßgeblich geprägt

1997 wiesen KORA-Forschende erstmals nach, dass eine Episode der Luftverschmutzung in Augsburg mit einer erhöhten Plasma-Viskosität in Verbindung stand, was eine systemische Entzündungsreaktion in der Allgemeinbevölkerung belegte. Weitere Studien aus dem Jahr 1999 zeigten, dass erhöhte Werte des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein (CRP) koronare Herzkrankheit und kardiovaskuläre Mortalität vorhersagen können. Diese bahnbrechenden Ergebnisse vertieften nicht nur das Verständnis der Gesundheitsrisiken durch Luftverschmutzung, sondern beeinflussten auch die strengeren Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation im Jahr 2021 sowie die EU-Luftqualitätsrichtlinie, die im Herbst 2024 verabschiedet wurde.

Auswirkungen extremer Temperaturen auf chronische Erkrankungen

Ein eindrucksvolles Beispiel aktueller Forschung ist die Studie unter der Leitung von Dr. Alexandra Schneider, stellvertretende Direktorin des Instituts für Epidemiologie bei Helmholtz Munich. Diese untersucht die Auswirkungen extremer Temperaturen auf Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Über einen Zeitraum von 15 Monaten werden Teilnehmende im Alter von 50 bis 80 Jahren monatlich untersucht, um zu analysieren, wie Hitze und Kälte ihre Gesundheit beeinflussen. Ergänzt durch landesweite Auswertungen anonymisierter Krankenversicherungsdaten soll die Studie aufzeigen, wie Temperaturspitzen die Krankheitslast beeinflussen. „Unser Ziel ist es, Schutzstrategien für spezifische Alters-, Geschlechts- und Krankheitsgruppen zu entwickeln und gleichzeitig Versorgungslücken zu schließen, die durch den Klimawandel entstehen“, erklärt Schneider.

Von Diabetes bis Adipositas: Erkenntnisse für bessere Prävention

Im Jahr 2003 stellten KORA-Forschende fest, dass fast die Hälfte der Teilnehmenden im Alter von 55 bis 74 Jahren mit Typ-2-Diabetes unbemerkt erkrankt war und 20 % sich in einem Prädiabetes-Stadium befanden. Diese zentrale Erkenntnis beeinflusst bis heute Strategien zur Diabetesprävention und unterstreicht die langfristigen Beiträge der KORA-Studie zur Bekämpfung dieser Krankheit. Seit 2005 hat KORA zudem die genetische Forschung vorangetrieben und wertvolle Daten für OMICs-Studien geliefert. Epigenomweite Assoziationsstudien (EWAS) haben unter anderem gezeigt, dass epigenetische Veränderungen bei Menschen mit Adipositas nicht nur Krankheitsrisiken erhöhen, sondern auch an zukünftige Generationen weitergegeben werden können.

Wegbereiter für personalisierte Gesundheitslösungen

Als prospektive Kohortenstudie hat KORA nicht nur die Krankheitsprävention vorangebracht, sondern auch nationale und internationale Kooperationen gefördert, um Gesundheitsrisiken in verschiedenen Bevölkerungsgruppen besser zu verstehen. Im Jahr 2025 wird KORA eine digital unterstützte Lebensstil-Interventionsstudie starten, um die Wirksamkeit personalisierter digitaler Gesundheitsprogramme zu erforschen, die Menschen helfen sollen, ihre Gesundheitsziele zu erreichen. „Die KORA-Studie bleibt eine dynamische Ressource für die Weiterentwicklung der Gesundheitsforschung und -politik. Sie spielt eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der öffentlichen Gesundheit, damit zukünftige Generationen von ihren Erkenntnissen profitieren können“, so Annette Peters.

 

Relevante KORA-Publikationen

 

Kardiovaskuläre Erkrankungen und Luftverschmutzung

Peters et al., 1997: Increased plasma viscosity during an air pollution episode: a link to mortality? Lancet. 349(9065):1582-7. DOI: 10.1016/S0140-6736(97)01211-7

Koenig et al., 1999: C-Reactive protein, a sensitive marker of inflammation, predicts future risk of coronary heart disease in initially healthy middle-aged men: results from the MONICA (Monitoring Trends and Determinants in Cardiovascular Disease) Augsburg Cohort Study, 1984 to 1992. Circulation. 99(2):237-42. DOI: 10.1161/01.cir.99.2.237

Diabetes

Rathmann et al., 2003: High prevalence of undiagnosed diabetes mellitus in Southern Germany: target populations for efficient screening. The KORA survey 2000. Diabetologia. 46(2):182-9. DOI: 10.1007/s00125-002-1025-0

OMICs

Wahl et al., 2017: Epigenome-wide association study of body mass index, and the adverse outcomes of adiposity. Nature. 541(7635):81-6. DOI: 10.1038/nature20784

 

Porträt Alexandra Schneider

Dr. Alexandra Schneider

Deputy Director of the Institute of Epidemiology, Head of Research Group 'Environmental Risks', Senior Scientist