HistoGPT: KI-gestützte pathologische Befunde in der Dermatopathologie
Ein neues KI-Tool mit dem Namen HistoGPT hat das Potential, das Fachgebiet der Dermatopathologie nachhaltig zu verändern: Es automatisiert die Erstellung qualitativ hochwertiger pathologischer Befunde auf Basis von histologischen Schnittbildern. Entwickelt wurde die Technologie von einem interdisziplinären Team unter der Leitung der Helmholtz Munich-Forschenden Dr. Tingying Peng und Dr. Carsten Marr sowie den Dermatologen Dr. Stephan A. Braun (Universitätsklinikum Münster) und Dr. Kilian Eyerich (Universitätsklinikum Freiburg).
HistoGPT rationalisiert den bislang arbeits- und zeitintensiven Prozess der Befunderstellung durch Künstliche Intelligenz und stellt einen bedeutenden Fortschritt in der diagnostischen Bewertung dermatologischer Erkrankungen – einschließlich kutaner Neoplasien – dar.
Die Herausforderung histopathologischer Befunde
Die Histopathologie – der Goldstandard für die Diagnose vieler Erkrankungen, einschließlich Krebs – erfordert es, dass Patholog:innen Gewebeproben unter dem Mikroskop sorgfältig analysieren und detaillierte Berichte erstellen. Obwohl dieser Prozess essenziell ist, ist er oft nicht standardisiert und erfordert viel Zeit und Fachwissen. Der wachsende Bedarf an zeitnahen und präzisen Diagnosen, gepaart mit einem Mangel an qualifizierten Fachkräften, stellt weltweit eine zunehmende Belastung für Gesundheitssysteme dar.
HistoGPT: Ein Foundation Model für KI-gestützte Pathologieberichte
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, nutzt HistoGPT die Leistungsfähigkeit von KI zur Automatisierung der Berichtserstellung. Als Foundation Model* wurde es auf einer umfangreichen Datenbasis dermatopathologischer Fälle trainiert, wodurch es in der Lage ist, auf verschiedene klinische Szenarien zu generalisieren. Dieses Vision-Language-Modell** kann Pathologieberichte direkt aus hochauflösenden Histologiebildern generieren und bietet so eine standardisierte, effiziente und äußerst präzise Lösung. Trainiert wurde HistoGPT auf einem umfassenden Datensatz von 15.129 Whole-Slide-Images von 6.705 Dermatologie-Patient:innen der Dermatologischen Kliniken der Technischen Universität München, zusammen mit den zugehörigen Pathologieberichten. So konnte das Modell komplexe Muster und Feinheiten innerhalb dermatopathologischer Daten erlernen.
„Die Fähigkeit von HistoGPT, Berichte zu erstellen, die mit denen erfahrener Patholog:innen vergleichbar sind, ist ein großer Fortschritt“, sagt Dr. Tingying Peng, Forschungsgruppenleiterin bei Helmholtz AI und Mitverfasserin der Studie. „Nach sorgfältiger Überprüfung durch sprachanalytische Werkzeuge und Expertengutachten haben wir festgestellt, dass die Berichte von HistoGPT qualitativ denjenigen erfahrener Pathologen ähneln – insbesondere bei häufigen und gut bekannten Krebsarten.“
Nachgewiesene Genauigkeit in der klinischen Anwendung
In einer multizentrischen Studie zeigte HistoGPT seine robuste Leistungsfähigkeit in realen klinischen Szenarien. Das Modell konnte entscheidende Tumoreigenschaften wie Subtypen, Tumordicke und Ränder im Zero-Shot-Modus korrekt vorhersagen – also ohne zusätzliches Training für neue Fälle. Die von HistoGPT generierten Berichte wurden an drei führenden medizinischen Einrichtungen bewertet: der Mayo Clinic (USA), dem Universitätsklinikum Münster (Deutschland) und dem Radboud University Medical Center (Niederlande). Die Ergebnisse bestätigten, dass HistoGPT präzise Diagnoseberichte für die häufigsten neoplastischen epithelialen Läsionen lieferte, darunter Basalzellkarzinom, melanozytärer Nävus, aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom. Die Kombination aus Flexibilität und Genauigkeit zeigt das Potenzial von Foundation Models wie HistoGPT, routinemäßige dermatopathologische Auswertungen zu unterstützen und die diagnostische Genauigkeit und Effizienz zu verbessern.
KI-basierte Transformation der Dermatopathologie
„HistoGPT automatisiert die routinemäßigen Aufgaben bei der Berichtserstellung, sodass Pathologen entlastet werden und sich stärker auf komplexe und wichtige Fälle konzentrieren können“, erklärt Manuel Tran, Forscher bei Helmholtz AI und der Technischen Universität München sowie Erstautor der Studie. „Dadurch können Diagnosen schneller gestellt werden, was letztlich zu besseren Behandlungsergebnissen führt.“ Die Fähigkeit des Modells, präzise und standardisierte Berichte zu liefern, macht es besonders wertvoll in Gesundheitssystemen mit hoher Nachfrage und begrenzten Ressourcen – und hilft so, Effizienz und Konsistenz in der Patientenversorgung zu steigern.
Was ist ein Foundation Model?
Ein Foundation Model ist ein leistungsstarkes KI-System, das auf riesigen Datenmengen trainiert wurde, um Muster zu erkennen und eine Vielzahl von Aufgaben zu erfüllen. Zum Beispiel ist ChatGPT ein Foundation Model, das Texte verstehen und generieren kann – etwa zum Beantworten von Fragen oder Führen von Gesprächen. In der Medizin helfen Foundation Models wie HistoGPT Ärzt:innen, medizinische Bilder zu analysieren und Diagnosen schneller und genauer zu stellen.
Was ist ein Vision-Language-Modell?
Ein Vision-Language-Modell ist eine KI, die sowohl Bilder als auch Texte verstehen kann. Wenn sie z. B. ein Bild einer Krebszelle analysiert, kann sie die Form, Größe und Unregelmäßigkeiten der Zelle „sehen“ und dann beschreiben, was sie erkennt – etwa: „Dies ist eine maligne Krebszelle mit unregelmäßigen Rändern und vergrößerten Zellkernen.“ Das Modell kann auch gezielte Fragen beantworten wie: „Welche Krebsart ist das wahrscheinlich?“ Durch die Verknüpfung von Bildinhalten mit beschreibendem Text kann es Ärzt:innen bei der Analyse medizinischer Bilder und der Erstellung detaillierter, präziser Berichte unterstützen.
Original-Publikation
Tran et al., 2025: Generating dermatopathology reports from gigapixel whole slide images with HistoGPT. Nature Communications. DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-60014-x